01.08. Matsushima

Für dieses Wochenende hatte ich mal wieder einen kleinen Trip geplant. Ich wollte unbedingt noch einen kleinen Teil von Japans Norden erkunden, da ich nördlich von Nikko bis jetzt noch gar nicht war und wohl auch nicht mehr in den Norden kommen würde.
Mein Vorschlag war ein Trip nach Sendai. Von dort aus kann man auch einen Tag nach Matsushima fahren. Der ursprüngliche Plan sah vor das Wochenende mit Simone und ihrem Betreuer Aida dort zu verbringen, da ich aber bis Montag noch keine Rückmeldung hatte, ob die Fahrt den nun stattfinden würde, habe ich mit den anderen Praktikanten über meine Idee gesprochen und Christian fand die Idee toll und wollte mitfahren. Am Mittwoch haben wir uns dann Busverbindungen und eine Unterkunft in Sendai ausgesucht. Der Plan sah vor, mit einem Nachtbus Freitagnacht von Shinjuku nach Sendai zu fahren, am Morgen von dort aus weiter nach Matsushima zu fahren und dort den Samstag zu verbringen. Samstagnacht wollten wir dann in einer Jugendherberge in Sendai schlafen und am nächsten Tag Sendai erkunden. Sonntagnacht wollten wir mit dem Bus zurück nach Shinjuku fahren und von dort direkt wieder zur Arbeit.
Die Planung der Nachtbusse ist allerdings nicht ganz so einfach, da die Nachtbusse normalerweise fast ausschließlich von Japanern genutzt werden und somit auch alle relevanten Internetseiten ausschließliche auf Japanisch zu finden sind. Zum Glück war Masato bereit uns bei der Buchung zu helfen. Bus und Unterkunft waren somit schon Mittwochnachmittag gebucht und unserer Reise stand nichts mehr im Wege.
Freitagabend nach der Arbeit packte ich meine Sachen zusammen und besorgte mir noch Reiseproviant. Nachdem Weintrauben und Schokolade in meiner Tasche verstaut hatte, wurde es jedoch schwierig noch die belegten Baguettscheiben zu verstauen. Ich erwartete, das ich auf der Busfahrt sehr hungrig sein würde. Bepackt mit Rücksack, Handtasche, die ich vor allem mitgenommen hatte, um im Bus alles zusammen zu haben und den großen Rucksack in das Gepäckfach unten im Bus verstauen zu können und einer großen Flasche Wasser, startete ich um kurz vor 21 Uhr in Richtung Bahnhof „Tama Plaza“. Gemeinsam mit Christian machte ich mich dann auf den Weg nach Shinjuku. Von hier sollte unser Bus um 22.30 Uhr starten. Wir hatten ausreichend Zeit eingeplant, da die Bushaltestelle nicht direkt an der Station Shinjuku war. Zur Bushaltestelle zu kommen war jedoch dann das kleinere Problem.
Der richtige Bus war schnell gefunden, doch als wir dem Busfahrer unsere Namen sagten, konnte er sie auf seiner Liste nicht finden. Außerdem erzählte er uns, das der Bus voll sei und es keine Möglichkeit für uns gäbe mit diesem Bus nach Sendai zu kommen. Da half auch die ausgedruckte Buchungsbestätigung nichts. Ich machte mich schon darauf gefasst, wieder zurück zu fahren, meinen Rucksack auszupacken und das Wochenende in Tokio zu verbringen. Christian kam dann jedoch noch auf die Idee Masato anzurufen, der dem Busfahrer wohl sehr glaubhaft erzählte, das er selbst den Bus gebucht hat und somit eine Buchung und auch die Überweisung stattgefunden hat. Nun bekamen wir doch noch einen Platz im Bus und waren sehr erleichtert.
IMG_4030Der Bus war ein normaler Reisebus in dem man nicht wirklich gemütlich schlafen konnte. Wir versuchten es uns so bequem wie möglich zu machen, während wir auf die Abfahrt warteten. Mit gut 15 Minuten Verspätung starteten wir dann auch endlich in die Nacht. Ich konnte während der Fahrt kaum Schlafen, dafür war es einfach doch zu eng und zu ungemütlich und da unter den Sitzen auch nicht, wie in Deutschland üblich, Pedale waren, auf die man seine Füße stützen konnte, wusste ich die ganze Zeit nicht wirklich, wohin ich meine Beine tun sollte. Es gibt wohl auch Nachtbusse, in denen nur drei breitere Sitze nebeneinander sind, da soll die Fahrt wesentlich angenehmer sein, allerdings sind diese Busse auch um einiges teurer.
Nachdem wir absolut keinen Stau auf der Strecke hatten, waren wir schon um 3.15 Uhr in Sendai. Um diese Uhrzeit hatte die Station noch geschlossen und auch sonst schien die ganze Stadt noch zu schlafen. Wir entschieden dann einfach vor der Station solange zu warten, bis die ersten Züge in Richtung Matsushima starteten. Da wir beide nach dieser ziemlich schlaflosen Nacht ziemlich müde waren, kam uns das gerade Recht. Leider war es doch ziemlich kalt und wir sehnten und bald zurück in unsere Betten zu Hause.
CIMG2659Um kurz nach 5 fuhr auch schon der erste Zug nach Matsuhima. Wir konnten sogar mit unseren Passmo Karten bezahlen. Von nun an konnte es nur noch bergauf gehen, zumindest vertrat ich diese Meinung. Die meisten Menschen um uns herum scheinen gerade von einer Party gekommen zu sein. In der Bahn konnte man dann wieder ein typisch, japanisches Phänomen beobachte: alle Menschen in der Bahn schlafen und ab und zu fällt dem ein oder anderen das Handy aus der Hand. Selbst nach sechs Wochen in Japan, kann ich noch nicht verstehen, wie man so in der Bahn schlafen kann, ohne regelmäßig die richtige Station zu verpassen. Bei vielen bin ich mir auch nicht sicher, ob sie nicht schon längst an ihrem Ziel vorbeigefahren sind, ohne es realisiert zu haben.
Viel zu früh kamen wir dann in Matsushima an. Um 5.45 Uhr hatte die Touristeninformation noch nicht geöffnet und auch sonst wirkte die Gegend noch sehr verschlafen. Wir entschieden uns dann dafür die Umgebung zunächst mithilfe einer nicht sehr genauen Karte aus dem Internet zu erkunden, bevor wir uns mit genaueren Karten eindecken konnten. Matsushima ist wohl eine der drei landschaftlich reizvollsten Gegenden Japans. In der Bucht vor der kleinen Stadt liegen etwa 250 kleine Inseln, die größtenteils vulkanischen Ursprungs sind. Einige der Inseln kann man über rote Brücken zu Fuß erreichen. Mit einem Boot ist es auch möglich eine runde zwischen den vielen Inseln durch die Bucht zu drehen, leider sollte die Fahrt 1400 Yen kosten, das ist dann doch eine Menge Geld für etwas Bootfahren.
Unser erster Weg führte uns auf die kleine Insel Oshima. Auf dem Weg zur Insel entdeckten wir, das schon Touristen die Brücke zu der kleinen Insel überqueren und wir sind sehr erstaunt, da es immer noch sehr früh ist und in Japan auch Geschäfte erst relativ spät öffnen. In etwa einer halben Stunde hatten wir die Insel umrundet und die Aussicht von hier auf einige der kleinen Inseln genossen, die sich steil aus dem Wasser erheben.
P1010313Am Hafen entlang liefen wir weiter zu nächsten Brücke, hier war der Zugang jedoch noch versperrt und wir schauten uns zunächst die größte der über Brücken zu erreichenden Inseln an. Fukuurajima ist über eine 252 Meter lange rote Brücke mit dem Festland verbunden. Normalerweise hat auch diese Insel Öffnungszeiten und man muss Eintritt bezahlen. Da aber nun schon einige Menschen unterwegs waren, die auch über die Brücke gingen, folgten wir ihnen einfach und waren so schon eine Stunde vor offizieller Öffnung der Brücke auf der Insel. Auch hier konnte man auf Wegen die ganze Insel umrunden.
CIMG2596Am Ende der Brücke hatte sich in einer Bucht Sand angesammelt, sodass ein kleiner Strand entstanden war. Zum Schwimmen wäre die Gegend aber sicherlich nicht geeignet, allein der Geruch des Wassers war schon etwas abschreckend. Auf unserem Weg um die Insel wichen wir auch gerne mal von den vorgegebenen Wegen ab, um an einen zweiten Strand der Insel zu gelangen.
Matsushima_Panorama3
Von hier aus hatte man wieder einen schönen Blick auf einige Inseln. Eine der Inseln hatte einen schönen kleinen Strand und sah so einladend aus, das wir uns ausmalten ein Boot zu mieten, auf die Insel zu fahren und dort einen Grill aufzustellen. Da das aber sicherlich nicht möglich sein würde, gingen wir weiter zu einer kleinen Aussichtsplattform. Da die Insel mit vielen Bäumen und Sträuchern bewachsen ist, hat man meistens kaum Ausblick auf das Meer. An dieser Stelle fand sich auch ein Schild mit der Aufschrift „Beware of the Bees“. Da wir keine Bienen sahen, setzten wir uns kurz um mal wieder die Aussicht zu genießen und ich zog meine Weste aus, da es mittlerweile schon sehr warm geworden war. Als wir merkten, dass auf dem Schild nicht vor Bienen, sondern vor Moskitos gewarnt wurde, hatte ich schon die ersten Stiche. Wir gingen also schnell weiter, hatten aber beide einige Stiche abbekommen, ich hatte sogar einen an meinem Bein, obwohl ich eine Jeans an hatte. Zurück auf dem Festland hatte nun auch die Insel offiziell geöffnet und wir lachten darüber, das wir um den Eintrittspreis herum gekommen waren.
Nun hatte auch Godaido geöffnet. Auf dieser Wirklich sehr kleinen Insel steht ein Tempel und auch diese Insel ist wieder über eine sehr kurze Brücke mit dem Festland verbunden. Der Tempel wurde in 807 zum ersten mal erbaut und 160 rekonstruiert. Ins Innere des Tempels hat die Öffentlichkeit allerdings nur alle 33 Jahre Zutritt, allerdings ist das Bild auch so beeindruckend genug, da um den Tempel nur noch Platz für einen Weg und ein paar Bäume bleibt, bevor die Insel abrupt im Meer endet.
Nun war es schon kurz nach 9 Uhr und die Touristeninformation geöffnet. Hier bekamen wir jetzt ein kleines Heft mit Karte und allen Sehenswürdigkeiten der Stadt. Wir hatten alle schon alle Inseln gesehen und gingen nun auf die andere Seite der Stadt, wo es noch ein paar Tempel zu sehen gab.
CIMG2628Der Weg zum Zuiganji Tempel war mit über 400 Jahre alten Zedern gesäumt, das war ein beeindruckendes Bild.
Das Innere des Tempels durfte man nur ohne Schuhe betreten. Im Tempel konnte man viele Wandbilder bewundern und es gab, wie schon in Nikko einige Räume, die nur für wartende Gäste gedacht waren. In einem kleinen, dem Tempel angeschlossenen Museum konnte man noch einmal die Geschichte des Tempels nachlesen und Ausgrabungsgegenstände bestaunen.
Auf dem Weg zum nächsten Tempel kamen wir an einem Teehaus vorbei und da wir beide immer noch nicht wirklich fit waren nach der fast schlaflosen Nacht im Bus machten wir hier erst mal Rast genossen unseren Eiskaffee und den heißen, wirklich leckeren grünen Tee.
Nach unserer Rast erkannten wir ziemlich schnell, das die restlichen Tempel hier wohl nicht besonders beeindruckend sind und wir uns auch nicht mehr dafür begeistern konnten. Da auf unserer Karte auch ein Fischmarkt eingezeichnet war beschlossen wir dort noch hinzugehen, bevor wir uns eine Möglichkeit suchen würden, wo wir zu Mittag essen konnten. Leider war unsere Karte nicht sehr genau und so fanden wir leider keinen Fischmarkt und gingen nach der etwas sinnlosen Wanderung durch einen sehr abgelegenen Teil Matsushimas zurück zum Hafen. Dort fanden wir schnell ein Restaurant in dem wir Sushi aßen. Christian hatte zu seinem Gericht noch frittierte Austern bekommen. Austern sind eine Spezialität in Matsushima. Nachdem ich eine probiert hatte, musste ich zugeben, das Austern in dieser Form echt lecker sind, allerdings kann ich mich mit der Vorstellung rohe, lebende Austern zu essen nicht so ganz anfreunden. Ein Mädchen in dem Restaurant hatte offensichtlich an diesem Tag auch das erste mal rohe Austern probiert und ihrem Gesichtsausdruck zur Folge, war ich froh, dass ich darauf verzichtet hatte Austern zu bestellen.
Frisch gestärkt ging es für uns weiter. Nachdem wir nun alles in Matsuhima gesehen hatten, was wir für interessant befunden hatten, gingen wir zurück zum Bahnhof. Hier trafen wir auf ein Pärchen aus Deutschland, die erzählten, das sie währen ihrer vierwöchigen Reise durch Japan bisher noch keine Deutschen getroffen hatten. Ich fand das ziemlich erstaunlich, da ich bisher fast überall auf Deutsche getroffen bin und mir oft schon Gedanken gemacht habe, ob es wohl in Japan auch Orte gibt, an denen keine Deutschen rum laufen.
CIMG2691Auf dem Weg zurück nach Sendai machten wir noch einmal halt in Shiogama. Hier ist laut Internetausdruck noch ein Schrein und ein 600 Jahre alter Baum zu sehen.
Den Schrein hatten wir auch schnell gefunden. Der Baum hingegen hat sich irgendwie versteckt, obwohl wir wirklich das Gesamte Tempelgelände abgesucht haben und der Baum ja auch eine gewisse Größe haben muss, konnten wir ihn nicht finden. Der Ausblick von dem auf einem Berg gelegenen Schrein war auf jeden Fall die vielen Treppen wert. Von hier aus konnte man auf den Hafen von Shiogama blicken und auch die Ausflugsboote sehen.
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Um unsere müden Körper nun noch etwas zu verwöhnen, gingen wir zum Hafen, wo wir bei einem Eiskaffee und einem wirklich sehr leckeren Stück Kuchen mit Eis direkt am Fenster eines kleinen italienischen Restaurants den Nachmittag ausklingen ließen. Anschließend fuhren wir zurück nach Sendai, wo wir uns erst einmal auf
die Suche nach unserer Jugendherberge machten. Diese lag etwas weiter weg vom Bahnhof und wir waren froh, als wir sie gefunden hatten. Die Dusche war wirklich sehr erfrischend und nach nun über 20 Stunden Reise auch sehr notwendig.
Am Abend trafen wir uns noch mit einer ehemaligen Bosch-Praktikantin, die in Sendai lebt, am Bahnhof. Sie führte uns in ein Lokal, wo es eine Spezialität von Sendai gab: Kuhzunge. Ich hatte davon gehört, das die Zunge einer Kuh bei richtiger Zubereitung wirklich lecker sein soll, hatte aber keine Vorstellung, was mich da erwartete. Das gegrillte Fleisch war sehr zart und super lecker. Am liebsten hätte ich gefragt, wie genau man das Fleisch so zubereitet, das würde ich wirklich gerne noch einmal probieren.
Für den Nachtisch gingen wir in ein anderes Lokal. Hier gab es eine andere Spezialität der Gegend: grüne Bohnen in allen Varianten. Wir teilten uns ein Eis aus sehr feinen Eiswürfel, darüber wurde eine Paste aus grünen Bohnen gegossen. Das klingt ziemlich komisch, war aber einfach nur super lecker.
Anschließend wurden wir noch durch Sendais Shopping-Straßen geführt. Hier gab es auch ziemlich günstige Süßigkeiten, da musste ich erst nach einmal zuschlagen, um für den nächsten Tag und die Heimfahrt gerüstet zu sein. Weiter ging es auf eine Straße, mit einem Grünstreifen in der Mitte, wo man sich auf Bänken niederlassen, oder einfach nur spazieren gehen und mit den Statuen posen konnte.
Für den nächsten Tag bekamen wir den Tipp nach Yamadera zu fahren, da Sendai kaum interessante Sehenswürdigkeiten anbietet und es sich wohl nicht lohnt einen ganzen Tag hier zu verbringen.
Jetzt wurde es nun wirklich Zeit, das wir uns verabschiedeten und zurück zur Jugendherberge gingen. Ich war jetzt so müde, das ich mir nur noch die Zähne putzte und dann sofort einschlief, immerhin wartete am nächsten Morgen ja auch schon der nächste anstrengende Tag auf uns.

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